"AVANTI - Projekt undogmatische Linke" zum 1. Mai 2003

Der „Neue Kurs für Lübeck" und wie die CDU zu stoppen ist:

Dem schwarzen
Rathaus die rote Karte zeigen !

Kaum gewählt, geht die neue CDU-Bürgerschaftsmehrheit auf Konfrontationskurs:

• Im Frauenbüro soll eine Leiterinnenstelle gestrichen werden. Damit setzt die CDU ein Zeichen gegen Frauenrechte und Gleichstellungspolitik.

• Der Gesamtschule Schlutup werden bereits zugesagte Mittel für einen dringend benötigten Anbau wieder gestrichen. Dahinter steht weniger Sparsamkeit als die ideologische Feindschaft gegenüber einer Schulform, die von immer mehr Eltern für ihre Kinder gewünscht wird.

• Lübecks historische Altstadt soll wieder von Blechlawinen verstopft werden. Der Koberg, einer der schönsten Plätze Norddeutschlands, soll zum Parkplatz degradiert werden.

• Mit Videokameras auf öffentlichen Plätzen und in Bussen soll Lübecks Weg in den Überwachungsstaat beginnen. Kriminalitätsfurcht wird geschürt und dann zur Rechtfertigung von immer neuer Überwachung und Repression genutzt.

• Sprayer, Punks und weitere Gruppen geraten ins Visier der Bekämpfung von abweichendem Verhalten, während gleichzeitig Jugendzentren - wie z.B. in Moisling - geschlossen werden sollen.

• und dann will die CDU auch noch die „Alternative" schließen oder vertreiben. Sie attackiert damit ein weit über die Stadtgrenzen anerkanntes Kulturzentrum, das seit nunmehr 25 Jahren aus Lübeck nicht mehr wegzudenken ist.

Der Wahnsinn hat Methode

Diese Politik der CDU in Lübeck ist weit mehr als ein Amoklauf, der aus dem Überschwang der frisch gewonnenen abosulten Mehrheit resultiert. Ein Blick über die Stadtgrenzen von Lübeck hinaus zeigt, dass auch in anderen Städten - wie z.B. Kiel - von der CDU die gleichen Themen auf die Tagesordnung gesetzt und mit der gleichen Rücksichtslosigkeit umgesetzt werden.

Überall geht es um die Ausgrenzung und Stigmatisierung von Minderheiten, das Schüren von Kriminalitätsfurcht, der dann mit Videoüberwachung und ähnlichen Orwellschen Visionen begegnet werden soll. Und überall geht es natürlich um rücksichtslosen Sozialabbau, um Stellenstreichungen bei sozialen Projekten, um die Zurichtung der Städte für die Bedürfnisse von „Investoren" auf Kosten der Mehrheit der Menschen, die in den Städten leben.

Diese Politik ist die Umsetzung des Neoliberalismus auf die kommunale Ebene. Sozialpolitik, Jugendprojekte, Umweltschutz usw. werden zu unbezahlbarem Luxus erklärt. Repression und Überwachung treten zunehmend an die Stelle von Integration und Hilfe. Privatisierung ist das Allheilmittel für die kommunale Finanznot, obwohl doch inzwischen alle wissen sollten, dass diese Politik nur Kapitalinteressen bedient, den Gestaltungsspielraum der Kommunen aber massiv einengt und für die Haushaltssanierung nichts bringt, da den kurzfristigen Einnahmen die langfristigen Einnahmeausfälle gegenüber stehen.

Von Hamburg lernen ...

Das Vorbild der „neuen" CDU-Kommunalpolitik ist offensichtlich der Schwarz-Schill-Senat in Hamburg. Dort wird seit nunmehr zwei Jahren wie in einem Laboratorium ausprobiert, wie offensiv und skrupellos sich Sozialabbau, Vertreibungspolitik und repressive Innenpolitik durchsetzen lassen. Genau wie jetzt in Lübeck oder Kiel hat der Hamburger Senat beinahe alle sozialen Projekte und Gruppen gleichzeitig gegen sich aufgebracht und hat mit der Räumung des Bauwagenplatzes „Bambule" ein Symbol für diese neue Rücksichtslosigkeit geschaffen. Bis jetzt hat der Hamburger Senat alle Proteste und Widerstände an sich abprallen lassen und hat - statt politisch auf auf die massiven Proteste einzugehen - die Situation quasi militärisch von der Polizei auf der Straße lösen lassen.

Die Ähnlichkeiten im Vorgehen sind alles andere als zufällig. Bereits im Vorfeld hatten sich die Lübecker CDU-Spitzen mit Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust getroffen und dabei die politischen Ratschläge erhalten, die jetzt mit Videoüberwachung, der Vertreibung der „Alternative" oder dem Vorgehen gegen die Gesamtschulen in die tat umgesetzt werden. Wann - wie jetzt in Hamburg geplant - Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen den Anspruch auf ganztägige Kindergartenplätze verlieren, ist wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit.

Das Hamburger Beispiel sollte uns zuerst Warnung sein: Die Veränderungen kommen nicht schleichend und scheibchenweise, sondern die CDU bläst zum Generalangriff auf alles, was nicht in ihr reaktionäres Weltbild passt. In Hamburg hat sich zudem gezeigt, wie sehr die CDU offenbar bereit ist, die Auseinandersetzungen eskalieren zu lassen, wie sie diese Eskalation geradezu sucht. Es wird also nicht einfach sein, die Angriffe auf soziale Projekte und Errungenschaften abzuwehren. Wir werden uns auf harte Zeiten einstellen müssen.

Ein breites, solidarisches und kämpferisches Bündnis schaffen !

Hamburg hat aber auch gezeigt, dass Widerstand gegen diese reaktionäre Politik möglich ist. Die mit dem Namen „Bambule" verknüpften Proetste und Aktionen haben über Monate hinweg Tausende von Menschen auf die Straßen gebracht und haben zu gemeinsamen, solidarischen Aktionen unter der - frechen, aber im Kern richtigen - Parole „Die Regierung stürzen" geführt.

Eine ähnliche Mobilisierung ist auch in Lübeck möglich, bzw. zeichnet sich bereits ab. Mit dem Versuch, die „Alternative" zu vertreiben, greift die CDU auch in Lübeck ein Projekt mit hohem Symbolwert an. Die Verankerung der „Alternative" in Lübecks politischer und kultureller Landschaft ist dabei noch weitaus stärker, als dies bei der „Bambule" in Hamburg der Fall war und ist.

Aber Hamburg zeigt auch dies: Es ist notwendig zu einer echten, offenen und solidarischen Zusammenarbeit aller Gruppen und Initiativen zu kommen, die von Angriffen und/oder Kürzungen bedroht sind. Die Schwäche der „Bambule"-Aktionen in Hamburg war, dass sie sich nach der anfänglichen Breite und Offenheit wieder auf Szenepolitik zurückgezogen haben, und die Bereitschaft zu einer echten und dauerhaften Zusammenarbeit mit anderen Richtungen und Bewegungen zu kommen, unterentwickelt ist.

Diesen Fehler dürfen wir in Lübeck nicht wiederholen. Der Kampf um den Erhalt der Walli wird mit Sicherheit zum stärksten Symbol im Kampf gegen den „neuen Kurs" der CDU werden. Aber dieser Kampf muss ständig mit anderen bedrohten Projekten und Bereichen (wie z.B. den städtischen Jugendzentren) verbunden werden, um sich nicht zu isolieren.

Umgekehrt werden die sozialen Projekte erkennen müssen, dass nur in gemeinsamer, solidarischer Aktion eine Chance liegt. Die Zeiten, wo es in erster Linie darum ging, die Mittel und Stellen für das eigene Projekt zu erhalten - und sei es auf Kosten anderer - sind vorbei. Die CDU bläst zum Generalangriff - entsprechend müssen wir auch die Verteidigung organisieren.

Die Regierung stürzen - überall !

www.avanti-projekt.de