6.12.2003: Redebeitrag der alternative auf dem Kohlmarkt

 

Liebe Freundinnen und Freunde der alternative,

Die Uhr für die Walli tickt. Unser Vertrag läuft am 28. Februar aus. Die Lage ist also Ernst. Da tut es gut, Euch alle hier zu sehen. Es tut gut, die Kraft und die Wärme der Solidarität von so vielen Menschen zu spüren. Ein Haus, das so viele Freundinnen und Freunde hat, muss keine Angst vor der Zukunft haben. Wenn wir alle zusammenhalten, dann hat die CDU keine Chance: Walli bleibt – wo sie ist!

Die CDU hat in der letzten Sitzung der Bürgerschaft einen Antrag beschließen lassen, den sie selbst als ein „Angebot“ und ein „Entgegenkommen“ bezeichnet.

Worin besteht nun dieses sogenannte Angebot?

Erstens will die CDU von der alternative eine Miete von sage und schreibe 24.000 Euro eintreiben. Während die etablierte Kultur in MUK und Stadttheater jedes Jahr Millionen an Subventionen erhält, soll der unkommerziellen Kultur der alternative finanziell der Hahn abgedreht werden.
Auch wenn die CDU es immer bestreitet, es ist ganz offensichtlich: Es gibt für sie eine Kultur erster Klasse, die selbstverständlich gefördert und unterstützt wird, und es gibt eine Subkultur, eine Jugendkultur, eine Kultur jenseits von Kommerz und Mainstream, für die der CDU in ihrem reaktionären Weltbild jedes Verständnis fehlt.

Zweitens will die CDU die das Bauwagen-Wohnprojekt der alternative zerschlagen. Sie versteckt sich hinter der Formulierung, dass „öffentliches Recht“ eingehalten werden solle. Aber die Interpretation hat CDU-Chef Sauter in den Lübecker Nachrichten gleich mitgeliefert: Die Bauwägen sollen weg.

19 Jahre lang hat sich niemand – auch die CDU nicht – daran gestört, dass Menschen auf der Walli in Wägen wohnen. Jetzt auf einmal entdecken sie „rechtliche Bedenken“.

Wir stellen dazu noch einmal klar: Die alternative besteht aus drei Teilen: Aus dem Kulturbetrieb, aus den politischen Initiativen und aus dem Wohnprojekt. Keiner dieser drei Teile ist verhandelbar. Der durchsichtige Versuch, uns zu spalten wird scheitern. No Way!

Und schließlich drittens: Wenn wir also unseren Kulturbetrieb durch horrende Mietzahlungen erdrosseln lassen, wenn wir die Identität der alternative aufgeben und uns in Stücke hacken lassen, dann – und nur dann – soll es eine Vertragsverlängerung um gerade einmal 16 Monate geben.

Ja, was denkt sich die CDU eigentlich? Glaubt sie im Ernst, wir würden freiwillig unser eigenes Todesurteil unterschreiben? Dieses sogenannte Angebot – das weit hinter frühere Zusagen zurückfällt – ist kein Kompromissvorschlag. Das ist eine Kriegserklärung.

Wir müssen noch einmal an den Hintergrund des Konfliktes erinnern. Angeblich will die CDU das Grundstück der alternative ja für rund 2,5 Millionen Euro an einen Investor verkaufen. Der Walli soll ein Ersatzgrundstück zur Verfügung gestellt werden. Tatsache ist aber noch immer folgendes:

Es gibt überhaupt keinen Investor, der Interesse am Grundstück hätte. Der ganze Plan existiert nur in der Phantasiewelt der CDU. Und es gibt auch kein geeignetes Ersatzgrundstück. Der einzige Vorschlag, den CDU-Wirtschaftssenator Halbedel unterbreiten konnte – der Viehhof – war so offensichtlich ungeeignet, dass der Vorschlag in der öffentlichen Debatte keine 24 Stunden überlebte und zurückgezogen werden musste.

Die Situation ist also folgende: Die Angriffe der CDU gegen die alternative haben keinen rationalen Kern. Sie sind allein ideologisch motiviert. Es ist der langgehegte Hass der Ewiggestrigen, der sich hier Bahn bricht. Die Pragmatiker in der CDU sind offenbar zu schwach, sich gegen diesen rechten Flügel durchzusetzen. Deshalb eskaliert die CDU den Konflikt bar jeder Vernunft immer weiter.

Die alternative war und ist zu Gesprächen, zu ernsthaften Verhandlungen bereit. Wir wollen nicht den Konflikt, wir wollen eine vernünftige Lösung. Die Tür für Verhandlungen steht offen.

Aber die CDU sollte sich nicht täuschen: Eine Vertreibung, eine Zerschlagung, eine Räumung der Walli ist in Lübeck politisch nicht durchsetzbar. Auch wenn sich Polizeiknüppel zeigen - unsere Solidarität, unsere Entschlossenheit und unseren Mut werden sie nicht brechen können.

Die CDU mag die Mehrheit in der Bürgerschaft haben. Aber auch sie wird erleben, was andere Parteien schon so oft erlebt haben: Wer an der Regierung ist, der ist noch lange nicht an der Macht.

Wenn wir zusammenstehen, wenn wir nicht nachlassen, dann haben sie keine Chance!

NO PASERAN! WALLI BLEIBT!